Wir in der Logistik nicken oft zustimmend, wenn es heißt: „Tracking auf der Straße? Haben wir im Griff.” FTL-Transporte scheinen ein gelöstes Problem zu sein. Aber mal ehrlich: Ist das wirklich so?
In der neuesten Folge vom LogTech Podcast haben mein Co-Host Jannik Nonnenkamp und ich genau das unter die Lupe genommen. Und die Antwort, die wir von unseren Gästen Max Birle (Krone Trailer) und Tim Sadowski (Shippeo) bekamen, war ziemlich eindeutig.
Max hat es direkt auf den Punkt gebracht: Sobald wir davon ausgehen, dass die Ware auf dem Trailer ist und nicht nur die Zugmaschine tracken wollen, „ist noch Luft nach oben”. Und Tim ergänzte: Die wirkliche Komplexität, die „Kür” der Logistik, fängt erst beim multimodalen oder intermodalen Transport an. Sobald Handovers, also Übergabepunkte, ins Spiel kommen, wird es richtig knifflig.
Die Krux mit den Handovers: Warum Multimodal so komplex ist
Wo fängt die Komplexität also an? Stell dir vor, du bist Verlader. Du übergibst deine Ware an einen 3PL und vertraust darauf, dass er sie ans Ziel bringt. Ob der nun Rail, Road oder Fähre nutzt, ist dir vielleicht erstmal egal – Hauptsache, die ETA stimmt.
Aber genau da liegt das Problem. Wie Tim erklärte, ist das für die Transparenz-Plattformen kein simples „Plug & Play”. Der Spediteur nutzt vielleicht einen Subunternehmer, der am Terminal an einen anderen Dienstleister übergibt. Plötzlich hast du es mit drei, vier verschiedenen Systemen und Partnern zu tun.
Einen FTL-Carrier mit seiner Telematik anzubinden, ist eine Sache. Einen multimodalen Flow mit all seinen Brüchen und Partnern sauber abzubilden, ist eine komplett andere Hausnummer. Ein einzelner GPS-Ping von einem Trailer, der gerade auf einem Zug-Waggon steht, sagt dir erstmal gar nichts. Er gibt dir einen Ort, aber null Kontext.
Der Faktor Mensch: Ohne den Fahrer geht’s nicht
Das bringt uns zum nächsten Knackpunkt, den Max als die „größte Herausforderung” bezeichnete: den Menschen in den Prozess einzubinden. Die echte Bruchstelle in der digitalen Kette ist oft der Fahrer oder der Mitarbeiter am Terminal.
Was nützt die beste Sensorik, wenn der Subunternehmer am Hafen den Trailer übernimmt und dieser Handover nirgends digital erfasst wird?
Krone geht da einen spannenden Weg und versucht, das Ganze so simpel wie möglich zu machen – quasi über einen QR-Code am Trailer und eine simple WhatsApp-Interaktion. Der Fahrer scannt, bestätigt die Übernahme oder meldet sogar einen Schaden. Wer mal gesehen hat, wie Trailer auf eine Fähre verladen werden, weiß, warum das mit den Schäden ein Riesenthema ist.
Der Punkt ist: Wir müssen IoT-Daten (den Ping) mit einer menschlichen Bestätigung (dem Event) verknüpfen. Erst das schafft einen echten Mehrwert, den Plattformen wie Shippeo dann auch verarbeiten können.
Hardware ist nicht gleich Hardware: Das Batterie-Problem
Selbst wenn der Prozess steht, lauert die nächste Falle: die Technik. Max hat da aus dem Nähkästchen geplaudert. Wenn ein Trailer tagelang auf einer Fähre oder einem Bahntransport unterwegs ist, bekommt er keinen Strom von einer Zugmaschine. Eine Standard-Telematik-Batterie ist da schnell am Ende.
Dann brauchst du plötzlich Solarlösungen oder sogar Satellitenkommunikation, um die Verbindung nicht zu verlieren. Und wenn dann ein „dunkler November” wie letztes Jahr kommt (offenbar der schlechteste Solarmonat seit zehn Jahren), stößt selbst die Solartechnik an ihre Grenzen.
Viele Spediteure haben hier anfangs auf die falsche Technologie gesetzt. Für einen reinen Road-Trailer reicht das Standard-Setup, für Intermodal-Transporte definitiv nicht.
Was wir wirklich brauchen: Von Pings zu qualifizierten Events
Und genau hier schließt sich der Kreis. Tim meinte, das „Bare Minimum”, das Verlader heute einfordern müssen, sind saubere Milestones und Handovers aus den Systemen der Dienstleister.
Die beste Zusammenfassung kam aber von Max: „Ein qualifizierter Event ist meiner Meinung nach viel höherwertiger als 20 Pings des GPS.”
Es geht nicht mehr nur um einen Punkt auf der Karte. Es geht um verifizierte Prozessschritte. Und da, so Tims Einschätzung, helfen uns ironischerweise sogar neue regulatorische Themen wie die eCMR. Sie zwingen die Branche, diese analogen Handovers (Wer hat wann was übernommen?) endlich zu digitalisieren.
Die Technologie ist da. Aber wie Max klarstellte, muss die Forderung nach diesen qualifizierten Daten ganz vorne aus der Kette kommen: vom Verlader. Nur wenn der Bedarf klar eingefordert wird, wird sich der Markt bewegen.
Mal ehrlich: Wo sind bei euch die größten „White Spots” in der Kette?
Und verlangt ihr bei Ausschreibungen schon aktiv Event-Daten statt nur Pings?