Die Diskussion um elektrische LKW fühlt sich oft an wie eine Endlosschleife: zu teuer, zu wenig Reichweite, keine Ladesäulen. Doch was, wenn wir das Ganze von der völlig falschen Seite angehen? In der Logistik geht es am Ende des Tages um Effizienz und Kosten. Und genau hier wird die E-Mobilität den Diesel nicht nur einholen, sondern überholen.
In der letzten Folge vom LogTech Podcast hat mir Robert Ziegler, Gründer von Karox, einen Satz mitgegeben, der hängen bleibt: „Sustainability that’s not affordable is not sustainable.“ Ein Satz, der den Nagel auf den Kopf trifft. Grüne Logistik kann kein Luxusgut sein. Sie muss sich rechnen.
Die wahre Power liegt in der Software, nicht im Akku
Ein E-LKW ist kein Diesel-Truck mit Batterie. Er ist ein rollender Computer, dessen Effizienz von unzähligen Faktoren abhängt: Temperatur, Wind, Topografie, Ladungsgewicht. Das kann kein Fahrer mehr im Gefühl haben. Wer versucht, einen E-LKW wie einen Diesel zu disponieren, wird scheitern.
Der Knackpunkt ist die digitale Steuerung. Wir müssen weg vom reinen Hardware-Denken und hin zu einem integrierten Ökosystem. Das bedeutet, Telematikdaten des LKW, das Batteriemanagement, die Ladeinfrastruktur und die Transportplanung in einer zentralen Logik zu verbinden. So wird das „schwarze Loch“ der Ausführung, das wir aus der Diesel-Welt kennen, endlich transparent. Plötzlich wissen wir genau, wo der LKW ist, wie sein Energieverbrauch aussieht und können proaktiv steuern. Das Ergebnis? Mehr Kontrolle, höhere Zuverlässigkeit und eine bessere Auslastung.
Warum 500 Kilometer Reichweite völlig ausreichen
Immer wieder hören mein Co-Host Jannik und ich das Argument der Reichweitenangst. Aber auch das ist ein Mythos, der sich bei genauerem Hinsehen auflöst. Robert hat es im Podcast auf den Punkt gebracht: Kein Fahrer kommt mit einem 40-Tonner 500 Kilometer am Stück, ohne gegen die gesetzlichen Pausenzeiten zu verstoßen.
Die eigentliche Herausforderung ist nicht die Reichweite, sondern das intelligente Laden. Und das findet idealerweise genau dann statt, wenn der LKW sowieso steht: während der Be- und Entladung, in der Fahrerpause oder beim Schichtwechsel. Wenn wir diese Standzeiten clever nutzen und Ladeslots vorreservieren, wird das Laden zu einem nahtlosen Teil des Prozesses, statt zu einem Störfaktor. Dann ist es egal, ob der LKW 300 oder 600 Kilometer schafft – solange der Transportplan stimmt.
Die chinesische Welle: Bedrohung oder notwendiger Weckruf?
Jetzt wird es spannend. Während wir in der EU 2024 rund 8.500 E-LKW auf die Straße gebracht haben, waren es in China allein bei den Top-Herstellern fast das Zehnfache. Und diese Fahrzeuge sind, wie Robert aus eigener Erfahrung berichtet, qualitativ ebenbürtig oder sogar besser – bei einem Bruchteil des Preises. Ein aktueller europäischer E-LKW kostet rund 250.000 €, ein vergleichbares Modell aus China knapp 100.000 €.
Man kann das als Bedrohung sehen. Oder als die dringend benötigte Beschleunigung. Um die ambitionierten CO2-Ziele der großen Verlader zu erreichen, brauchen wir diese Kapazitäten. Dieser Wettbewerb wird die Preise auch bei den europäischen Herstellern unter Druck setzen und die Transformation beschleunigen. Am Ende zählt für den Spediteur die TCO (Total Cost of Ownership) – und da wird der E-LKW, angetrieben durch günstigere „Spritkosten“ (Strom) und sinkende Anschaffungspreise, bald unschlagbar sein.
Heute noch in neue Diesel-LKW zu investieren, ist aus wirtschaftlicher Sicht eine riskante Wette auf die Vergangenheit. Die Zukunft des Straßentransports ist elektrisch und digital gesteuert – nicht nur, weil es nachhaltiger ist, sondern weil es smarter und profitabler sein wird.